Du willst den heiligen Gral des Social Media Engagements? Die ultimative 10 Punkte Liste für intergalaktisch hohe Interaktion und Reichweite? Und das ganze auch noch ohne Dich mit den Themen Strategie, grundlegenden Prinzipien des Community Managements und vor allem der lästigen Zielgruppe beschäftigen zu müssen?

Dann bist Du hier leider an der falschen Stelle und um ehrlich zu sein geht mir diese Attitüde gehörig auf den Keks.  Zu viele Diskussionen in den letzten beiden Jahren mit genau dieser Anspruchshaltung brachten mich vor gut 2 Wochen zu dem folgenden Tweet:

Wer beim Thema Reichweite neben „Relevanz für die Zielgruppe“ Zaubertricks erwartet, hat das Thema nicht verstanden

— Vivian (@zeniscalm) December 4, 2015

Mit der Resonanz auf diesen kleinen Satz hätte ich wirklich nicht gerechnet, aber ich habe hier offensichtlich einen Nerv getroffen. Genau aus diesem Grunde möchte ich das Thema an dieser Stelle weiter ausführen. Ich werde erklären, warum Ihr Euch gar nicht genug mit der Zielgruppe beschäftigen könnt, wie Euch eine Besinnung auf die Grundlagen des Community Managements hilft besser zu werden und warum Euch eine echte Strategie auch intern dabei hilft Euch zu positionieren.

Das Zauberwort: Relevanz

Wie bekommt man dann nun hin, dass die eigenen Inhalte auch wirklich Interaktion erzeugen und eine höchstmögliche Reichweite bekommen? Das einzige wirkliche Zauberwort ist hier „Relevanz“.

Ein Inhalt ist für ein Individuum relevant, wenn dieser zum richtigen Thema, zum richten Zeitpunkt, zur richtigen Stimmung, passend zu den aktuellen Bedürfnissen und im richtigen Dialogumfeld erscheint. Zusätzlich muss der Inhalt in der Masse der Postings herausstechen, die Aufmerksamkeit des Gegenübers innerhalb von Sekunden fesseln. Klingt kompliziert? Ist es nicht wirklich, wenn Ihr Eure Hausaufgaben macht und die fangen mit der Zielgruppe an.

Am Anfang und im Zentrum steht immer die Zielgruppe

Stell Dir vor Du gehst auf eine Party auf der Du niemanden kennst, stellst Dich zu einer Gruppe, unterbrichst die laufenden Gespräche und plapperst einfach so los. Erzählst darüber was Dich interessiert und wie toll Du bist. Dazu ignorierst Du noch jegliche Versuche der Interaktion. Was meinst Du wie lange es dauert, bis Du alleine dastehst? Genauso funktioniert es in den sozialen Medien. So alt dieser Vergleich ist, verliert er nicht an Aktualität – im Gegenteil. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Inhalte, die um die Aufmerksamkeit der Nutzer buhlen, rasant angestiegen. In diesem Überangebot hat nur der Beitrag eine Chance, der wirklich relevant ist und diese Relevanz fängt immer mit der Zielgruppe an. Dabei gilt, je klarer Ihr Eure Zielgruppe vor Augen habt, desto besser. Aus diesem Grund bin ich ein großer Freund von Personas. Frage hier gegebenenfalls in Deiner Marketingabteilung nach, ob ihr Personas für das Unternehmen habt. Wenn nicht – nimm Dir die Zeit und erstelle drei bis fünf Personas, die Deine „Gesprächspartner“ sind. Je genauer Deine Vorstellung von Deinem Gegenüber ist, desto besser. Für einen soliden Anfang kannst Du Dir diese Fragen stellen:

  • Wie ist das Alter / Geschlecht / Einkommen der Persona?
  • Welcher Job / Position / Bildungsgrad hat die Persona?
  • Wie sieht ein Tag im Leben der Persona aus?
  • Welche Bedürfnisse stehen bei unserer Persona im Mittelpunkt?
  • Welche Themen beschäftigen die Persona?
  • Wodurch lässt sich die Persona inspirieren?
  • Was treibt die Persona an?
  • Was sind Ihre Ziele / Träume / Werte?
  • Wo sind die „Schmerzpunkte“? Wie kann unser Angebot helfen?

Geb den fiktiven Personen Namen und ein Gesicht, häng Sie Dir, zumindest in der Anfangsphase, neben den Rechner. Bei einem meiner früheren Arbeitgeber hatten wir die Personas sogar als lebensgroße Pappfiguren im Büro stehen. Das klingt vielleicht ein wenig albern, aber hilft dabei die Zielgruppe in den Mittelpunkt der Gedanken zu bringen.

Wenn Du Deine Zielgruppe so genau definiert hast, ist es gar nicht mehr schwer relevante Themen zu finden. Damit hast Du dann bereits den Grundstein für Interaktion und Reichweite gelegt. Im nächsten Schritt geht es um den Feinschliff und die Überprüfung Deiner These, wie Eure Personas aussehen.

Ihr habt einfach so losgelegt ohne Eure Zielgruppe zu bestimmen? Dann solltet Ihr schnellstmöglich überprüfen, ob Eure Gefolgschaft mit Eurer gewünschten Zielgruppe übereinstimmt. Einen ersten Einblick geben Euch hier die demographischen Statistiken oder die Themen, die bei Eurer Community ankommen. Was tun, wenn die gewünschte von der tatsächlichen Community abweicht? Das ist dann wiederum eine Strategische Entscheidung. Entweder Du behältst die bestehende Community und passt Deine Inhalte auf diese an, oder Du versuchst mit passenden Inhalten den Anteil der gewünschten Fans zu erhöhen.

MINI

Ein sehr gutes Beispiel, wie man auf Basis einer Zielgruppenanalyse und guten Personas über eine Anpassung der Inhalte, Bewegung in die Zielgruppe bringen kann, ist hier Mini. Über alle Kanäle hinweg sollten mehr die jungen, männlichen Fahrer angesprochen werden. Durch eine genau Analyse und einer folgenden Anpassung der Inhalte, konnten hier signifikante Ergebnisse erreicht werden. Sobald ich die Präsentation vom Monitoringforum dazu irgendwo online finde, werde ich diese hier nachpflegen. Meiner Meinung nach kann man das aber auch sehr gut auf der Facebook Seite sehen.

Gute Strategien sind dynamisch

In keiner anderen Kommunikationsdisziplin habt Ihr die Chance ein so direktes Feedback zu bekommen, ob Eure Inhalte die Zielgruppe interessieren oder eben nicht. Nutzt diese Chance – messt, analysiert und optimiert Eure Themen stetig oder passt im Zweifelsfall sogar Eure Vorstellung von der Zielgruppe an.
Alle großen Plattformen bieten Euch die Möglichkeit einzelne Beiträge auszuwerten. Schaut hier dringend über die bloßen Messwerte, wie Likes und Kommentare, hinaus.

  • Welche Themen haben besonders viel Interaktion/Reichweite gebracht?
  • Liegt das wirklich am Thema oder gibt es dafür andere Gründe, wie zum Beispiel einen Disput unter den Mitgliedern?
  • Welche Stimmung herrscht in den Kommentaren? Beschäftigt Euch hier insbesondere mit den Kritikpunkten. Natürlich bringt auch Kritik Interaktion, aber ist das wirklich der erste Eindruck, den ihr bei neuen Nutzern hinterlassen möchtet?
  • Welche Mitglieder interagieren mit Euch? Wer ist Euch besonders treu? Wer fällt negativ auf?
  • Welche Formate und Medienarten funktionieren besonders gut / schlecht?
  • Wie sieht meine gewünschte Zielgruppe im Vergleich zu den Personen aus, die wirklich mit den Inhalten interagieren?
  • Wie sieht es beim Wettbewerb aus?
  • Sammelt die Fragen, die Eure Mitglieder stellen und die Themen, die Eure Community bewegen.

Wenn Ihr diese Auswertung mindestens einmal im Monat macht und die Inhalte im nächsten Iterationszyklus auf den gewonnenen Erkenntnissen aufbaut, werdet Ihr stetig besser werden. Ja, das ist viel Arbeit aber es lohnt sich.

Warum gutes Community Management für Interaktion sorgt

Es gibt neben relevanten Inhalten grundlegende Prinzipien im Community Management, die einen direkten Einfluss auf die Interaktion haben. Das wichtigste ist dabei eine gute Umgebung für Interaktion zu schaffen. Was das bedeutet?

Ein großer Einflussfaktor ist die Atmosphäre in der Community selbst. Herrscht ein freundliches Miteinander oder werden Neulinge sofort in Grund und Boden gestampft? Gibt es klare Regeln für den Umgang miteinander oder macht jeder was er will? Je angenehmer die Stimmung und die Diskussionen sind, desto niedriger ist die Hemmschwelle für neue Nutzer, sich selbst aktiv einzubringen. Sorge also mit klaren Regeln und einer Netiquette für gute Rahmenbedingungen und setze diese auch konsequent um.

Öffentliches Lob und Aufmerksamkeit ist eine große Motivation für so manch einen Nutzer. Nutze dieses Wissen und stelle Deiner Community besonders gute Inhalte vor. Dies Belohnt nicht nur die Urheber des User Generated Contents (UGC), sondern spornt auch andere Mitglieder an, mit ebenso guten Inhalten ins Rampenlicht zu kommen. Smart sammelt auf Facebook beispielsweise besonders gelungene Fotos, die von Fans auf der Seite hochgeladen wurden, in einem speziellen Best-of Album:

smart_-_die_besten_Fanbilder

Quelle: Smart Facebook

Ein guter Community Manager tritt außerdem mit seinen Mitgliedern in einen aktiven Dialog. Schalte Dich also nicht nur dann in die Unterhaltung ein, wenn es Probleme oder Fragen gibt. Beobachte Deine Community und halte nach Anknüpfungspunkten für einen Dialog Ausschau. Antworte dabei auch mal mit einem Augenzwinkern, sei empathisch, charismatisch und stets höflich und souverän. Generell hat der Community Manager eine Vorbilds- und Führungsrolle inne und die besten Führungskräfte verstehen genau, wie sie ihre Mannschaft motivieren und inspirieren.

Relevanz durch psychologische Grundprinzipien

Hast Du Dich schon einmal gefragt, warum Bilder so gut funktionieren? Nein? Solltest Du aber! Die Wirkung von visuellen Inhalten ist tief in unserer menschlichen Psyche verwurzelt. Wer diese unbewussten Motivatoren kennt, hat einen entscheidenden Vorteil. Das Thema an sich sprengt an dieser Stelle gerade den Rahmen, aber ich möchte Euch die wichtigste psychologischen Grundprinzipien für das Community Management mitgeben.

  • Visualität: Bildsprache gab es schon lange vor der schriftlichen Sprache und ermöglicht Texte emotional einzuordnen. Das bedient ein menschliches Grundbedürfnis und allein deswegen funktionieren Bilder besser als Text, um Aufmerksamkeit zu erregen.
  • Verständlichkeit: Du hast nur wenige Sekunden in denen ein Nutzer entscheidet ob er sich mit Deinen Inhalten beschäftigt. Ist der Text oder die Infografik zu kompliziert, lässt er es sein. Das ist einer Mischung aus Reizüberflutung und Faulheit geschuldet. Achte also darauf, dass Deine Texte gut leserlich sind, setze die wichtigsten Informationen an den Anfang des Textes und arbeite bei längeren Texten mit Zwischenüberschriften.
  • Emotionen: Emotionen wirken! Sie sorgen nicht nur im Schnitt für zehn Mal mehr Interaktion, sondern führen dazu, dass wir uns intensiver mit einem Inhalt beschäftigen. Je tiefer uns der Inhalt bewegt, bestürzt, erheitert oder aufregt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit diesem interagieren. Mei absolutes Best Practice Beispiel ist hier Dove, die mittlerweile seit 2004 unter dem Leitthema „For real beauty“ Inhalte schaffen, die ihre Zielgruppe treffen. Natürlich ist nicht jedes Thema so einfach zu emotionalisieren, aber auch hier fängt es wieder mit der Zielgruppe an. Finde heraus was Deine Zielgruppe bewegt oder begeistert. Ich bin immer wieder überrascht, was die Antwort auf diese Frage ist, wenn ich mich für eine Strategie in eine neue Branche einarbeite.
Beauty_Sketches

Last but not least – die Bedeutung einer vernünftigen Social Media Strategie

„Ich habe keine Ziele und eigentlich ist es auch gar nicht so wichtig, was ich auf der Facebook Seite mache. Hauptsache wir haben mehr Fans als der Wettbewerb“

Bei derartigen Aussprüchen stellen sich mir jedes Mal die Nackenhaare auf, denn sowas ist meiner Meinung nach der Auslöser für das schlechte Image von Social Media. Wer es nicht schafft, seinen Beitrag für die Unternehmensziele nachzuweisen, muss sich nicht wundern, wenn er im Unternehmen nicht ernst genommen wird. Aus genau diesem Grunde ist eine vernünftige Social Media Strategie so wichtig. Die Frage, die man sich an dieser Stelle stellen muss ist:

„Wie kann das Social Media Engagement, in Anbetracht der verfügbaren Ressourcen und den Bedürfnissen der Zielgruppe, zu den Unternehmenszielen beitragen?“

Hier gibt es keine allgemeingültige Antwort, denn diese ist so individuell wie jedes Unternehmen. Trotzdem lohnt es sich an dieser Stelle Zeit und Geld zu investieren, denn wer mit Zielen arbeitet, die auf die Unternehmensziele einzahlen, die Bedürfnisse der Nutzer in den Mittelpunkt stellt und auf Basis der vorhandenen Ressourcen erreichbar sind, hat nach Innen, wie nach Außen einen ganz anderen Stand.

Eurem Chef reichen aber die Fans? Dann ist es Eure Aufgabe als Social Media Manager, ihn oder sie vom Gegenteil zu überzeugen. Ihr seid die Spezialisten in diesem Bereich, glaubt an Euch und überzeugt an dieser Stelle mit guten Argumenten und Best Practice Beispielen aus der Branche. Wenn Ihr wollt und nicht aufgebt, schafft Ihr das, ich glaube an Euch! Und wenn Ihr dabei Unterstützung braucht, findet Ihr im Verband viele Gleichgesinnte, die gerade den gleichen Weg gehen, oder diesen schon erfolgreich gegangen sind. Ob Ihr einen guten Rat, oder nur eine Schulter zum Anlehnen braucht – genau dafür sind wir ein Berufsverband für Community und Social Media Manager. Wir helfen uns, für eine Professionalisierung der Branche.

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