Ok, ich gebe zu: Das war ein sehr reißerischer Titel und er stimmt nicht – und wird er wohl auch nie. Aber es ist ein guter Einstieg in das Thema „Toolauswahl„. Denn hier ist auch im Jahre 2015 noch viel Luft nach oben. Im Alltag erlebe ich als unabhängiger Berater für die Toolauswahl und den Einsatz von Analytics- und Monitoring-Tools immer wieder, dass überraschend viele Menschen davon ausgehen, dass es DAS eine Tool gibt – eine schwierige Ausgangslage. Denn der Markt ist unübersichtlich und die verfügbaren Lösungen sind ebenso vielfältig wie die anstehenden Aufgaben – oft kann es sogar sinnvoll sein, eine Kombination von Tools einzusetzen. Nachfolgend habe ich daher 5 wichtige Punkte zum Thema Toolauswahl zusammengetragen – und bei Punkt 4 musste auch ich weinen 😉
1. Was für Tools benutzt ihr denn so?
Diese Frage höre und lese ich recht häufig – und sie zeigt gut, wo hier eigentlich das Problem liegt, ohne dass es den Beteiligten direkt klar wäre. Klarer würde es wohl bei der Frage „Ich suche ein Auto – was könnt ihr mir da empfehlen?“ funktionieren. Denn da wird den meisten klar, dass diese Frage so nicht reicht – und es wird nachgefragt: „Was willst Du denn damit machen? Wieviele Menschen sollen damit befördert werden? Wieviel Gepäck muss da reinpassen? Wieviel wirst Du damit fahren?“. All die Fragen eben, die man braucht, um einschätzen zu können, welche Fahrzeugklassen und -marken in die engere Wahl kommen könnten. Dafür braucht man ein Anforderungsprofil – bei Autos wie bei Monitoring-Tools. Und früher oder später auch so etwas wie ein Lastenheft (zumindest bei den Tools wird das irgendwann unvermeidbar).
Und nur anhand des Profils (und einer Gewichtung der einzelnen Punkte) kann man dann auch fundiert entscheiden, welche Tools überhaupt passen könnten und wer dann in das kompakte Testfeld aufgenommen wird. Letztendlich helfen also leider die bereitwillig gegebenen Antworten auf die Frage „Welche Tools benutzt ihr denn?“ bei der Toolsuche und -auswahl nicht im geringsten.
2. Was ist Analytics und was Monitoring?
Gerade diese beiden Begriffe werden gerne vertauscht und oft auch synonym gebraucht. Dabei liegt es eigentlich im Interesse der Kunden, da sehr genau zu unterscheiden. Denn es hat unter Umständen deutliche finanzielle Konsequenzen, wenn man die Begriffe verwechselt. Denn während Analytics-Lösungen wie Fanpage Karma (als Business Paket) bei EUR 150 anfangen, kann dies bei Monitoring-Tools wie Brandwatch oder Talkwalker schnell bei EUR 500-600 liegen – und das pro Monat.
Im Kern meint Social Media Analytics die Vermessung und Erhebung strukturierter Daten im Rahmen von eigenen / fremden Social Media Kanälen (z.B. Twitter-Follower, Facebook-Interaktionsraten, etc.). Social Media Monitoring dagegen meint die Erfassung „aller“ Gespräche zu definitierten Themen im gesamten Social Web (also auch Blogs, News-Seiten, Foren, etc.), Hinzu kommen noch je nach Aufgabenstellung das Publishing, d.h. die Planung, Vorbereitung und Veröffentlichung von Inhalten für die eigenen Social Media Kanäle, sowie der Kundenservice im Netz (Engagement). Um einen Eindruck zu bekommen, sind übrigens eventuell die insgesamt 5 Tool-Listen hilfreich, die wir im MonitoringMatcher zusammengestellt haben, z.B. zu Anbieter Social Media Analytics und Anbieter Social Media Monitoring.
3. Was genau soll eigentlich gemessen werden?
Vermutlich einer der schwierigsten Punkte im Kontext der Erfolgskontrolle in Sachen Social Media. Denn oft gibt es weder konkrete Ziele noch eine detaillierte Strategie für die digitale Kommunikation. Entsprechend schwierig ist es dann, passende „relevante“ Metriken festzulegen, die dann zusammen mit den Zielen die KPI („Key performance indicators“) bilden können.
Um also gut messen zu können, braucht es klare und geeignete Ziele sowie identifizierte Metriken – unter Umständen auch nur aus dem Umfeld von Social Media (z.B. Web Analytics, um Bestellungen im Shop oder Aufrufe eines Artikels messen zu können). Insofern hängen die Monitoring-Ziele sehr stark von den Kommunikationszielen ab und werden vermutlich bei zwei verschiedenen Unternehmen auch oft sehr unterschiedlich ausfallen. Passend dazu hat sich übrigens Ben Ellermann am 1.12. hier im Blog mit dem Thema „Messbarkeit von Social Media Wertschöpfung“ beschäftigt.
4. Hello German Angst! Oder darf es auch EU oder US sein?
Insbesondere für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen ist das Thema Datenschutzausgesprochen schwierig. Denn für sie gelten besonders strenge gesetzliche Regelungen, die u.a. aus dem Bundesdatenschutzgesetz abgeleitet sind. Und auch wenn es da je nach Datenschutzbeauftragtem unterschiedlich viel Spielraum gibt, bleibt es kritisch – einer der kritschsten Punkte überhaupt bei der Toolauswahl. So sind z.B. Server-Standorte außerhalb der EU nahezu undenkbar, in der EU auch noch schwierig – erst in Deutschland geht der Puls der Beteiligten in der Regel langsam runter.
Je nach Situation können ähnliche Probleme leider auch im Kontext eines Unternehmens auftreten – es hängt eben immer sehr stark vom jeweiligen Datenschutzbeauftragten ab. Viele deutsche und somit „regionale“ Bedenken in punkto Datenschutz und generell in rechtlicher Hinsicht kommen einem zwar etwas ungewöhnlich vor im Angesicht eines global agierenden Netzwerks wie Facebook. Aber wenn es irgendwo das Phänomen institutioneller Bedenkenträger gibt, dann in Deutschland – German Angst eben.
5. Und was wird noch gebraucht?
Wir hatten den Punkt „Anforderungsprofil“ schon ganz am Anfang. Dahinter steht die zentrale Frage: Was soll das Tool / die Tools alles können? Welche Daten werden gebraucht? Welche Kanäle sollen abgedeckt werden? Welche der Arbeitsfelder soll abgedeckt werden (Analytics, Monitoring, usw.)? Welche Sprachen werden benötigt? Wieviele Menschen sollen damit wie arbeiten? Wieviele Treffer sind monatlich zu erwarten (oft wichtig für Preisrahmen)? Werden historische Daten gebraucht? Muss die Oberfläche in Deutsch sein?
Letztendlich geht es bei diesen (und den zahllosen weiteren) Fragen darum, alle Wünsche zusammenzutragen und dann Prioritäten dafür festzulegen. Letzteres ist sehr wichtig, weil sonst eine lange, aber leider unbezahlbare Wunschliste entstehen würde.
Fazit: Wie sollte man also bei der Toolauswahl vorgehen?
Zeit für Toolauswahl nehmen und einen Schritt nach dem anderen machen: Erst im Team Anforderungsprofil zusammentragen, dann die Anforderungen gewichten und Anbieter für den Test auswählen und in Ruhe testen. Danach dann mit Hilfe des Profils das Tool / die Tools auswählen.
P.S. Wer sich über das Thema weiter informieren will, dem sei unser MonitoringMatcher (Magazin rund um digitales Monitoring) empfohlen. Neben Grundlagen und Artikeln zum Thema tragen wir dort auch Termine und (die schon erwähnten) Tool-Listen zusammen.
Neueste Kommentare