Kennen Sie den zahnlosen Tiger? Dieser flauschige Genosse ist das Sinnbild für Social Media Engagements, die mehr Kulisse als nachhaltig ausgelegte Programme sind. Kunden, die an einen solchen Tiger geraten sind wenig erfreut, wenn Ihnen online Hilfe zugesichert wird und danach nichts passiert. Oft anzutreffen ist auch die Variante, dass ein Unternehmen fröhlich Marketingnachrichten auf facebook postet, während die Kunden eigentlich nur Support möchten. Diese Probleme entstehen wenn ein Unternehmen sich vor dem Start eines Engagement nicht ausreichend vorbereitet hat und entsprechend notwendige Prozesse im Hintergrund fehlen und/oder an den Bedürfnissen der Kunden vorbei geplant wurde.

Ein Account auf twitter oder facebook ist schnell angelegt, wenn Sie aber loslegen bevor Ihr Unternehmen bereit ist, kann das ebenso schnell nach hinten losgehen. Im schlimmsten Falle bedeutet dies einen nachhaltigen Reputationsschaden für Ihr Unternehmen. Vor dem Start ins Social Web sollten Sie deswegen die folgenden Fragen beantworten.

Was wollen Sie überhaupt mit Social Media? 

Die Grundlage jedes Engagements bilden die Ziele, die man in den sozialen Medien verfolgt. „Wir müssen auf facebook, weil da jeder ist “ ist zwar eine gern genommene Begründung, aber kein Ziel. Überlegen Sie sich genau, warum Sie mit Ihren Kunden online kommunizieren möchten. In der Grafik des Branchenverbandes BITKOM sehen Sie welche Ziele in Deutschland am häufigsten angestrebt werden.

Doch nicht jedes Ziel ist in jedem Unternehmen sinnvoll, eine realistische Zielsetzung basiert auf drei Faktoren:

  • den allgemeinen Unternehmenszielen, sowie den darauf basierenden Kommunikationszielen
  • den verfügbaren oder erreichbaren Ressourcen
  • den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden

Zusätzlich muss das Ziel messbar sein, damit Sie Ihr Tun auch einschätzen und gegebenenfalls verbessern können.

Was haben Ihre Kunden davon?

Schon bei der Zielsetzung sollten Sie berücksichtigen, was Ihre Kunden von Ihnen möchten. Gibt es den Wunsch nach mehr Unterstützung, interessiert Ihre Kunden, was hinter den Kulissen bei Ihnen passiert oder hätten Ihre Kunden gerne Einfluss auf Ihre Produkte? Was auch immer es ist, sorgen Sie dafür, dass diese einen echten Mehrwert durch Ihre Social Media Präsenz erleben. Das kann ein spezieller Online Support sein, Lernvideos auf Youtube oder Mitarbeiter, die von Ihrem Arbeitsalltag im Firmenblog berichten. Geben Sie Ihren Kunden etwas besonderes, etwas wofür es sich lohnt „Fan“ zu sein.

Haben Sie die notwendigen Ressourcen bzw. sind Sie bereit diese zu stellen?

Social Media mag beim Einstieg vielleicht nicht viel Kosten, aber es ist weit davon entfernt, gratis zu sein. Von Beginn an braucht man mindestens eine Person, die mit Leidenschaft dabei ist. Kommt das Engagement ins Rollen, wird mindestens ein Zweier- oder besser noch Dreierteam notwendig sein, um eine zeitnahe Beantwortung von Kommentaren und die regelmäßige Erstellung von Inhalten zu gewährleisten. Über die richtige Besetzung hinaus benötigen Ihre Mitarbeiter eine moderne technische Ausstattung und entweder die Möglichkeit und Zeit selbst ein Monitoring abzubilden oder die Zuarbeit einer Agentur. Sie sollten auch unbedingt in Betracht ziehen Mitarbeitern, die nicht im Social Media Team sind, die Möglichkeit zu geben, sich während Ihrer Arbeitszeit an Projekten zu beteiligen. Nichts ist authentischer als ein Mitarbeiter, der mit Begeisterung erzählt woran er gerade arbeitet!

Setzen Sie auf Hierarchien?

Dann kommt hier die schlechte Nachricht – starre Hierarchien funktionieren nicht im Social Web, denn diese gehen immer zu Ungunsten von Schnelligkeit, einer der Schlüsselfaktoren im Netz. Das fängt schon bei der Informationsverteilung an, wenn eine wichtige Information den hierarchischen Weg nimmt und erst 4 Weiterleitungen später beim Social Media oder Community Manager ankommt, ist es im Ernstfall schon zu spät. Dazu müssen diese Rollen mit ausreichend Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sein um im Alltag arbeiten zu können und dies unabhängig von Abteilung und Hierarchieebene.

Haben Sie ausreichend Informationen?

Wissen Sie mehr über Ihre Unternehmen, als Ihre Kunden? Wenn nicht sollten Sie dies dringend ändern! Schaffen Sie ein Informationszentrum, in dem alle Informationen zusammen laufen und schnell abrufbar sind. Informationen aus jeder Abteilung können relevant sein und so etwas wie „zu viel Information“ gibt es nicht, solange die richtigen Filter bzw. Suchfunktionen eingesetzt werden.

Können Sie mit Kritik umgehen?

Niemand ist perfekt und Sie müssen Sich darauf vorbereiten, dass die „Fehler“ Ihres Unternehmens im Web thematisiert werden. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, sondern bereiten Sie sich darauf vor. Eine souveräne Reaktion und die Fähigkeit auch einmal zu sagen „ Ja lieber Kunde, da haben wir großen Mist gebaut, es tut uns wirklich leid!“ ist immer besser als betretenes Schweigen, oder noch viel schlimmer, der Versuch etwas zu vertuschen. Beschäftigen Sie sich schon im Vorfeld mit der Kritik Ihrer Kunden und erarbeiten Sie Guidelines für den Umgang damit. Auf lange Sicht empfiehlt sich natürlich, die Kritikpunkte Ihrer Kunden, als Ansatz zur Verbesserung zu nutzen.

Ist Ihre Technik bereit für Social Media?

Haben Sie schon einmal versucht innerhalb des Firmennetzwerkes nach einer der bekanntesten Präsentationen zum Thema Social Media mit dem Titel „what the fuck is Social Media“ zu suchen? Wenn diese Seite aufgrund des einen „bösen Wortes“ in der URL nicht erreichbar ist, könnte dies im Alltag zu Problemen führen. Es passiert durchaus, dass ein wütender Kunde einen unflätigen Blogeintrag, mit ebenso bösen Worten in der URL, schreibt. In so einem Fall muss das Social Media Team diesen lesen und darauf reagieren können. Aus diesem Grunde muss hier mit der IT-Abteilung eine Lösung gefunden werden. Gleiches gilt, wenn soziale Netzwerke wie Facebook und Co. gesperrt sind oder das Team spezielle Software benötigt. Es gibt für alles eine Lösung, notfalls muss ein separates Netzwerk für den Bereich Social Media geschaffen werden. Wie ein Berater es mir gegenüber einmal so treffend formulierte: „Wenn die IT-Abteilung sagt, das geht nicht, sind sie nur zu faul eine Lösung neben dem Standard zu suchen.“

Sind Ihre Mitarbeiter bereit für Social Media?

Wissen Ihre Mitarbeiter, dass Sie ein Engagement in Social Media planen und welche Konsequenzen daraus für Sie entstehen? Sorgen Sie dafür, dass wirklich jeder weiß, was Sie vorhaben und warum dies für das Unternehmen wichtig ist. Statten Sie Ihre Mitarbeiter mit Social Media Guidelines aus, die diese bei der sicheren Navigation durch das Social Web unterstützen. Weisen Sie auf Ansprechpartner bei Fragen hin und bieten Sie Trainings und Schulungen für Interessierte an.

Sind Sie bereit Dinge anders zu machen? 

Ein vollständig integriertes Social Media Programm hat Auswirkungen auf Prozesse im Unternehmen. Dies geschiet allein schon durch die Ansprüche der Kunden an Schnelligkeit und Transparenz. Entsprechend werden Sie z.B. Prozesse rund um Informationsbeschaffung und Unterstützung der Kunden beschleunigen müssen. Auf der anderen Seite bekommen Sie die Chance direktes Feedback der Kunden in die Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung einfliessen zu lassen.
Die vollständige Reichweite der notwendigen Änderungen sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Spielen Sie typische Situationen im Social Media Alltag durch (Kundenanfrage, Feedback, Beschwerde) und analysieren Sie genau wie der Prozess im Unternehmen heute laufen würde und wie dieser optimiert werden müsste.

Nehmen Sie sich die Zeit für diese Fragen und entwickeln Sie auf Basis Ihrer Ziele Ihre individuelle Social Media Strategie. Sie werden sehen, es lohnt sich.

Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, mit Sicherheit gibt es für Ihr Unternehmen noch ganz spezifische Fragen, die vor einem Start zu klären sind. Ich freue mich natürlich über Ihre Ergänzungen in den Kommentaren.

Sei der:die Erste, der:die diesen Beitrag teilt!
Mastodon